Ausgewählte Entscheidungen der DSB
2020-0.208.921 (DSB-D124.1412), Veröffentlichung personenbezogener Daten im Rahmen von Wahlwerbung
Im Bescheid vom 21. August 2020, GZ: 2020-0.208.921 (D124.1412), hatte sich die DSB mit der Veröffentlichung von personenbezogenen Daten durch eine wahlwerbende Partei zum Zwecke der Wahlwerbung auseinander zu setzen. Die DSB gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass die Offenlegung nicht im überwiegenden Interesse der Wahlberechtigten lag und gab der Beschwerde statt.
Die Beschwerdegegnerin, bei der es sich um eine wahlwerbende Partei handelte, veröffentlichte im Rahmen von Vorwahlen zu einer Gemeindevertretungswahl ein Flugblatt, dem die Wählerkartei der Gemeinde angeschlossen war. Diese enthielt Vor- und Zuname, Adresse und Geburtsjahr des Beschwerdeführers sowie zahlreicher anderer Personen. Im darauffolgenden Beschwerdeverfahren bei der DSB brachte die Beschwerdegegnerin vor, dass sie die Wählerkartei zulässigerweise von der Gemeinde zur Verfügung gestellt bekommen habe und die nachfolgende Offenlegung im überwiegenden Interesse der Wahlberechtigten liege, da somit alle wählbaren Personen transparent aufgelistet worden seien.
Nach Ansicht der DSB konnte sich die Beschwerdegegnerin als juristische Person des Privatrechts zwar grundsätzlich auf „berechtigte Interessen Dritter“ stützen. Aufgrund des Umstandes, dass das Wählerkarteigesetz die Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis bei der jeweiligen Gemeinde ermöglicht, war jedoch kein Überwiegen der Interessen gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Beschwerdeführers zu erkennen.
Der Bescheid ist nicht rechtskräftig.
2020-0.159.870 (DSB-D124.1847), Verletzung im Recht auf Geheimhaltung: Die Veröffentlichung einer ungeschwärzten Visitenkarte auf dem persönlichen Twitter-Account eines Chefredakteurs fällt nicht unter das Medienprivileg
Im Bescheid vom 27. Oktober 2020, zur GZ: DSB-D124.1847 2020-0.159.870, hatte sich die Datenschutzbehörde mit einer Abwägung des Rechts auf Geheimhaltung gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung auseinander zu setzen.
Im Zuge einer Hausdurchsuchung eines ehemaligen Politikers wurde die Visitenkarte des Beschwerdeführers gefunden. Der Beschwerdegegner - ein Chefredakteur eines Medienunternehmens - postete eine Polizeiaufnahme der Visitenkarte auf seinem eigenen Twitter-Profil. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer von seiner Umgebung, als auch von seinem Vorgesetzten auf den Vorfall angesprochen, da sein Name auf dem Foto identifizierbar war.
Die Datenschutzbehörde stellte fest, dass der Beschwerdegegner die gegenständlichen personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers nicht als leitender Mitarbeiter eines Medienunternehmens, sondern in seiner Eigenschaft als Privatperson veröffentlicht hatte. Dadurch war die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde aufgrund der Anwendung von § 24 Abs. 1 DSG gegeben und § 9 Abs. 1 DSG kam nicht zur Anwendung, da kein ausreichender Bezug zum Medienunternehmen vorlag.
Darüber hinaus war die gegenständliche Nennung des Namens des Beschwerdeführers, welcher kein Politiker, bzw. keine Person des öffentlichen Interesses ist, als kein notwendiger Beitrag von allgemeinem Interesse zu bewerten. Der Beschwerdeführer stand auch in keinem Zusammenhang mit der behaupteten Straftat, welche ausschlaggebend für die Hausdurchsuchung war.
Daher kam die Datenschutzbehörde zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Interessensabwägung eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung vorliegt, da die Beeinträchtigungen (wie seine öffentliche Diskreditierung) und Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den Interessen des Beschwerdegegners (Freiheit der Meinungsäußerung) überwiegen.
Dieser Bescheid ist nicht rechtskräftig.
DSB-D123.431/0003-DSB/2018 – Offenlegung von Gewerkschaftsdaten
Im Bescheid der Datenschutzbehörde vom 16. September 2020 zur GZ DSB-D123.431/0003-DSB/2018 hatte sich die Datenschutzbehörde mit einer Beschwerde im Recht auf Geheimhaltung (§ 1 DSG) auseinanderzusetzen.
Die Beschwerdeführerin war Dienstnehmerin der Beschwerdegegnerin. Nach Kündigung des Dienstverhältnisses hat die Beschwerdegegnerin in einem Schreiben ihre MitarbeiterInnen, ihre KlientInnen sowie den Bürgermeister über die Kündigung informiert und dabei auch die Gewerkschaftszugehörigkeit der Beschwerdeführerin offengelegt. Die Gewerkschaftszugehörigkeit zählt zu den „besonders schutzwürdigen Daten“ gemäß § 1 Abs. 2 zweiter Satz DSG (vgl. Art. 9 Abs. 1 DSGVO), es gilt daher grundsätzlich das Verbotsprinzip. Die Beschwerdegegnerin stützte sich auf den Erlaubnistatbestand des Art. 9 Abs. 2 lit. e DSGVO und brachte dazu vor, dass die Beschwerdeführerin ihre Gewerkschaftszugehörigkeit bereits selbst öffentlich gemacht habe. Weiters sei die Vorgehensweise auch zur Abwendung eines drohenden Übels (nämlich allfällige Schadenersatzforderungen) im Sinne des Art. 9 Abs. 2 lit. f DSGVO gerechtfertigt gewesen. Dazu hat die Datenschutzbehörde ausgesprochen, dass die Ausnahmetatbestände des Art. 9 Abs. 2 DSGVO prinzipiell eng auszulegen sind und der Tatbestand der „offensichtlichen eigenen Veröffentlichung“ im Sinne der lit. e leg. cit. einen eigenen Willensakt der betroffenen Person voraussetzt. Weder die Tatsache, dass sich die Beschwerdeführerin öffentlich mit Mitgliedern der Gewerkschaft fotografieren ließ, noch ihre Tätigkeit als Betriebsrätin und die damit zusammenhängende Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft, kann als eigener Willensakt zur Veröffentlichung gewertet werden.
Auch das Vorliegen eines Rechtsanspruches gemäß Art. 9 Abs. 2 lit f DSGVO wurde verneint, da die Beschwerdegegnerin lediglich Befürchtungen geäußert hatte, es könnten in der Zukunft Schadenersatzansprüche entstehen, jedoch keine konkreten Rechtsansprüche vorgelegen sind oder behauptet wurden.
In Ermangelung eines Erlaubnistatbestands nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO ist die Offenlegung der Gewerkschaftszugehörigkeit daher unrechtmäßig erfolgt und die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden.
Der Bescheid ist rechtskräftig.
2020-0.191.373 (D124.1062), die Transparenz von Beschlüssen des Gemeinderates betreffend einer allfälligen Veräußerung von unbeweglichen Vermögen stellt ein wesentliches öffentliches Interesse iS der Bestimmungen des § 47 NÖ GO dar, sodass eine Veröffentlichung des Gemeinderatsbeschlusses im Internet gemäß § 53 Abs. 6 NÖ GO keinen Eingriff in das Recht auf Geheimhaltung des Kaufwerbers darstellt
Im Bescheid vom 27. März 2020, GZ: DSB-D124.1062, 2020-0.191.373 hatte sich die Datenschutzbehörde mit dem Veröffentlichungsinteresse von personenbezogenen Daten in einem Gemeinderatsprotokoll gemäß den landesgesetzlichen Bestimmungen der Niederösterreichischen Gemeindeordnung auseinander zu setzen.
Der Beschwerdeführer hatte ein schriftliches Kaufansuchen betreffend Ankaufs einer der Gemeinde gehörigen Liegenschaft gestellt. Dieses Kaufansuchen wurde in einer Gemeinderatssitzung behandelt und abgelehnt. Das diesbezügliche Gemeinderatsprotokoll enthielt den Vornamen und Nachnamen des Beschwerdeführers, den Inhalt seines schriftlichen Kaufansuchens und den einstimmig ablehnenden Beschluss des Kaufansuchens durch den Gemeinderat.
Das Gemeinderatsprotokoll wurde von der Gemeinde gemäß § 53 Abs. 6 NÖ Gemeindeordnung im Internet ohne Schwärzung der Daten des Beschwerdeführers veröffentlicht. Eine Kopie des Gemeinderatsprotokolls war unter der nicht von der Gemeinde betriebenen Seite www.yumpu.com veröffentlicht.
Der Beschwerdeführer begehrte die Löschung oder zumindest Schwärzung des Gemeinderatsprotokolls von der Internetseite der Gemeinde und die Verständigung des Seitenbetreibers von www.yumpu.com gemäß Art. 17/2 DSGVO.
Die Datenschutzbehörde wies die Beschwerde ab. Die Gemeinde hatte durch § 53 Abs. 6 der NÖ GO eine gesetzliche Ermächtigung zur Veröffentlichung genutzt, wobei keine Ausnahme vom Grundsatz der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen gemäß § 47 Abs. 1 NÖ GO (etwa für individuelle Verwaltungsakte) zu erkennen war. Auch der Ermessensspielraum, den § 47 Abs. 2 und Abs. 3 NÖ GO für einen Ausschluss der Öffentlichkeit eröffnen, wurde zu Recht nicht in Anspruch genommen, da die Transparenz von Beschlüssen des Gemeinderates betreffend einer allfälligen Veräußerung von unbeweglichen Vermögen ein wesentliches öffentliches Interesse darstellt. Demgegenüber tritt das Interesse des Beschwerdeführers – dessen Daten bei einer Entsprechung des Kaufansuchens – im Grundbuch ohnehin veröffentlicht worden wären, in den Hintergrund.
Der Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers wurde durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.11.2020 zu Zl. W 274 2232571-1/3E nicht Folge gegeben, eine ordentliche Revision ist nicht zulässig.